Wässrige Mangelware: In einigen Regionen Deutschlands könnte das Grundwasser künftig knapp werden – zumindest nach besonders trockenen Jahren, wie eine Studie aufzeigt. Demnach könnte es durch solche periodisch auftretenden „Grundwasserdürren“ vor allem in Mittel- und Ostdeutschland, aber auch am Oberrheingraben zu Nutzungskonflikten zwischen Landwirtschaft und Trinkwasserversorgung kommen: Um die Menschen mit Wasser zu versorgen, müsste dann die Bewässerung von Feldern eingeschränkt werden.
Deutschland ist eigentlich ein wasserreiches Land: Bisher fiel hierzulande genügend Niederschlag, um Gewässer und Grundwasser immer wieder aufzufüllen und so die Wasserentnahme für Trinkwasser, Industrien und Landwirtschaft auszugleichen. Doch durch den Klimawandel beginnt sich dies zu ändern: Sommerliche Hitzewellen und Trockenperioden nehmen zu und gleichzeitig steigt die Verdunstung aus Böden und Vegetation. Allein in den letzten rund 20 Jahren hat Deutschland dadurch rund 15,2 Milliarden Tonnen Wasser aus seinen natürlichen Wasserspeichern verloren, wie eine Studie 2023 ermittelte.
Wassernutzung versus Nachschub
Doch was heißt das konkret für unsere Wasserversorgung? Auskunft gibt nun eine Studie im Auftrag des Umweltbundesamts, in der Forschende die aktuellen und zukünftigen Entwicklungen der Wasserverfügbarkeit in Deutschland ermittelt haben. Ziel war es dabei, Risiko-Gebiete zu identifizieren, in denen die Wasserversorgung aus dem Grundwasser in Trockenperioden kritisch ist oder werden könnte – und in denen wegen Wasserknappheit Nutzungskonflikte drohen.
Für ihre Studie wertete das Team des WADKlim-Projekts zum einen Daten zur aktuellen und geschätzten künftigen Wassernutzung in den verschiedenen Regionen Deutschlands aus. Zum anderen führten sie hochauflösende Simulationen zum Wasserdargebot in Deutschland durch – der Wassermenge in Gewässern und Grundwasser, die konkret genutzt werden kann. Beides zusammen verrät, wo die Wassernutzung potenziell nicht durch das Wasserdargebot gedeckt ist – also ein Defizit entstehen kann.
Wiederkehrende „Grundwasserdürren“
Das Ergebnis: In den letzten 20 Jahren hat es in einigen Regionen immer wieder längere Trockenperioden gegeben, durch die es zu sogenannten „Grundwasserdürren“ kam – Phasen, in denen weniger Grundwasser nachgebildet wird als verloren geht. „Solche länger anhaltenden Phasen von Grundwasserdürre haben sich auch im Füllstand der unterirdischen Wasserspeicher widergespiegelt“, berichtet das Forschungsteam. Konkret gesagt: Die Grundwasserspiegel sind in vielen Regionen bereits gesunken.
Besonders betroffen davon sind der Westen und Süden Deutschlands: „Dort zeigt sich ein Trend zu einem häufigeren Auftreten und länger anhaltender Dauer von Grundwasserdürren im Sommer, während es im Osten und in der Mitte Deutschlands eine Entwicklung mit schwächer ausgeprägten Grundwasserdürren gibt“, berichten die Wissenschaftler. Für die Zukunft prognostizieren Modelle jedoch vor allem im Osten Deutschlands ein Manko an Regennachschub.
Allerdings: Diese Phasen der „Grundwasserdürren“ werden zumindest bis zum Jahr 2100 nicht dauerhaft anhalten. „Die Projektionen zeigen auch, dass auf mehrjährige Trockenphasen auch wieder Zeiträume mit längerfristig überdurchschnittlichen Niederschlägen folgen, die sich positiv auf die Grundwasserneubildung und den Füllstand der unterirdischen Wasserspeicher auswirken“, so der WADKlim-Bericht.
Knappheit und Nutzungskonflikte in mehreren Regionen
Doch was bedeutet diese wiederkehrenden regionalen Nachschub-Probleme konkret für die Wassernutzung? Wird Wasser dann tatsächlich knapp? Ob und wo das der Fall ist, zeigt erstmals eine bundesweite, flächendeckende Karte der Wasserbilanz-Risikogebiete. Sie lässt erkennen, wo in Deutschland eine Übernutzung der Wasserreserven droht und wo es dadurch zu Nutzungskonflikten kommen kann – weil beispielsweise Wasser für die Bewässerung von Feldern benötigt wird, aber auch für die Trinkwasserversorgung und Industrie.
Betroffen davon wären künftig Gebiete am Oberrheingraben, im Westen Nordrhein-Westfalens und im Südosten Niedersachsens. Auch im mitteldeutschen Trockengebiet sowie in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern könnte es in trockeneren Klimaperioden zu Wassermangel kommen. „In diesen Regionen muss das Wachstum der bewässerten Flächen limitiert werden, damit auch in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts die öffentliche Wasserversorgung aus Grundwasser sichergestellt werden kann und dabei keine Wasserknappheit auftritt“, erklären die Forschenden.
Hilfe zur besseren Vorbeugung
„Unsere Simulationen zeigen deutlich, wo wir schon heute die Grundwasserressourcen stärker nutzen als dies während einer längeren Dürre eigentlich angebracht wäre“, erklärt Frank Herrmann vom des Forschungszentrum Jülich. „Mit diesen Daten können wir nicht nur die Wasserbewirtschaftung verbessern, sondern auch drohende regionale Nutzungskonflikte erkennen“. Dies kann politischen Entscheidungsträgern und landwirtschaftlichen Akteuren helfen, solchen Konflikten vorzubeugen.
Zwar wurden vielerorts schon Maßnahmen ergriffen, um Wasserknappheit vorzubeugen, beispielsweise durch Fernwasserleitungen und Einschränkungen der Wasserentnahmen. „Allerdings haben die anhaltende Trockenheit in der letzten Dekade und die Unsicherheiten bezüglich der zukünftigen Wassernutzung und Klimavariabilität offengelegt, dass diese Maßnahmen möglicherweise nicht ausreichen, um strukturelle oder temporäre Wasserknappheit zu bewältigen“, so ein Fazit der Studie. (WADKlim-Abschlussbericht, 2024)
Quelle: WADKlim, Forschungszentrum Jülich